Denn wo vor zehn Jahren noch knapp jeder zweite Arbeitnehmende über zehn Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt war, wechseln Angestellte heute immer schneller ihren Job. Jeder Zweite sucht spätestens alle fünf Jahre eine neue berufliche Herausforderung. Bei aktuell rund 1,337 Millionen Fachkraftstellen in Deutschland können sich gut ausgebildete Kräfte ihren nächsten Arbeitgeber aussuchen. Und das tun sie auch. Klar ist: Ein Jobwechsel hat viele Gründe. Fakt ist aber auch, dass jeder Zweite in diesem Zusammenhang angibt, dass er oder sie Wert darauf legt, wie ein Unternehmen tickt. So sollte die Unternehmenskultur in unseren Fokus geraten bei der Suche nach potenziellen Mitarbeitenden.

Die positive Unternehmenskultur als eine Antwort auf den Fachkräftemangel

In der sich schnell verändernden VUKA-Welt – volatil, ungewiss, komplex und voller Ambiguitäten – sind agile und flexible Reaktionen auf die sich rasant ändernden Anforderungen gefragt. Unternehmen mit agiler, kohärenter und positiver Unternehmenskultur sind im Wettbewerb um Fachkräfte klar im Vorteil. Gerade jüngere Mitarbeitende – von der Generation Y über Z bis zunehmend auch viele der Generation X – erwarten ein Arbeitsumfeld, das nicht nur eine ausgewogene Work-Life-Balance bietet, sondern auch Raum für persönliche Weiterentwicklung und das Einbringen eigener Ideen.

Laut aktueller Deloitte-Umfrage sind 65 Prozent der Millennials bereit, ihre Stelle zu wechseln, wenn das Unternehmen nicht auf ihre Bedürfnisse eingeht. Agile Unternehmen bauen Hierarchien ab, fördern Eigenverantwortung und ermöglichen kontinuierliches Lernen, etwa durch eine positive Fehlerkultur. Fehler müssen keine Schuld-Debatten auslösen, sondern sind menschlich und wichtig, da sie häufig tiefe Lernprozesse anstoßen. Und Mitarbeitende wiederum, die sich wertgeschätzt fühlen und aktiv an Entscheidungsprozessen teilnehmen, identifizieren sich stärker mit ihrem Arbeitgeber. Ein entscheidender Vorteil, um langfristig Talente zu halten, produktiv zu arbeiten und im Wettbewerb um Fachkräfte zu bestehen. Die emotionale Bindung ist in Zeiten des Fachkräftemangels unbezahlbar, denn sie führt zu einer größeren Loyalität und Zufriedenheit.

So bringen Unternehmen ihre Kultur auf Kurs 2025

Werte wie Nachhaltigkeit, Teamwork, Diversität, Respekt und Qualität finden sich auf den Websites vieler Unternehmen – auch in Bayerisch-Schwaben. Entscheidend ist aber vielmehr, die Werte im Unternehmenskontext tatsächlich zu leben und zu teilen. Denn aus der Summe der geteilten und gelebten Werte speist sich die Unternehmenskultur. Diese sollte nicht starr festlegt sein, sondern im Unternehmen mit Leben gefüllt und – vor allem bei dysfunktionalen Ausprägungen – aktiv transformiert werden. Was in diesem Transformationsprozess notwendig ist? Genau: Kommunikation. Kommunikation, die alle betroffenen Stakeholder in ihren individuellen Bedürfnissen abholt. Wie das funktioniert? Dafür muss ich etwas ausholen.

Spiral Dynamics: Ein Modell für die Kulturtransformation

Das Modell Spiral Dynamics hilft dabei, Werte besser zu verstehen und gezielt zu gestalten. Wer bereit ist, eventuell veraltete, dysfunktionale Strukturen zu hinterfragen, und flexibel agiert, stärkt nicht nur die Innovationskraft, sondern erhöht auch die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen. Spiral Dynamics beschreibt die Entwicklung von Wertesystemen in Organisationen und bei Individuen anhand von neun aufeinander aufbauenden Entwicklungsebenen: Das Individuum beziehungsweise ein Unternehmen durchläuft also die Stufen, beginnend mit dem bloßen Überlebenswillen, über Stammesdenken, traditionelle Hierarchien bis hin zu visionären, systemischen Denkweisen.

Indem man etwa die wichtigsten Stakeholder eines Unternehmens auf diese Werte hin „abklopft“, kann sich ein guter Eindruck abzeichnen, auf welcher Stufe sie als Repräsentierende des Unternehmens stehen. Zudem: Was sagen oder tun Mitarbeitende, welche Prozesse führen sie aus, welche Wichtigkeit ordnen sie bestimmten Aspekten des Arbeitslebens zu? Unter anderem mithilfe dieser Daten lässt sich analysieren, welche Kultur im Unternehmen vorherrschend ist. Flexibilität und Offenheit für neue Perspektiven sind unter anderem jene Eigenschaften, die für agile Transformationen und den Aufbau einer zukunftsfähigen Unternehmenskultur qualifizieren. Traditionelle Unternehmen, die etwa in der „blauen“ Ebene verankert und durch starre Regeln und Kontrolle geprägt sind, stehen vor der Herausforderung, eine Transformation aktiv anzugehen.

Agilität als Schlüssel zur Zukunftssicherung

Man kann sich also vorstellen, dass agile Kulturtransformationen ein Prozess sind, der nicht ohne Herausforderungen stattfindet. Die kommunikative Einbindung und Unterstützung aller Involvierten sind essenziell. Wer soll wann über was und welchen Kanal informiert werden? Es gilt, zu informieren, zu inkludieren, Transparenz zu schaffen und zu deeskalieren. Strategische Change-Kommunikation ist ein elementares Element dabei, einen Change nachhaltig erfolgreich über die Bühne zu bringen.

Auch der bayerisch-schwäbische Mittelstand hat mit seinem Know-how die Chance, durch gezielte Kulturtransformationen die Zukunftsfähigkeit zu sichern. Dabei geht es nicht darum, seine Unternehmenswerte komplett über Bord zu werfen, sondern sie in eine moderne, flexible Form zu überführen. Eine offene Unternehmenskultur, die Vielfalt fördert und Agilität zulässt, ist eine der Voraussetzungen, um im Wettbewerb um Talente zu bestehen. Agilität ist somit der Schlüssel, um auf die Bedürfnisse der Fachkräfte von heute und morgen einzugehen und langfristig erfolgreich zu sein. Packen wir es an!

Sophia Druwe auf B4BSchwaben.de